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Das Projekt OGeSoMo
Das BMBF-geförderte Projekt OGeSoMo, „Förderung von Open Access in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Monografien“, geht von der Beobachtung aus, dass Autor_innen aus den genannten Fächern bislang wenig Erfahrung mit eigenen Open Access-Publikationen haben. Obgleich digitale Texte anderer Autor_innen zunehmend gerne rezipiert werden, unterscheiden Rezipient_innen kaum zwischen paywall- und freien Inhalten und haben nur wenig Bewusstsein für Zugänge, Lizenzen und Kosten. Hinzu kommen in den Buchfächern die traditionelle, oft persönliche, Verbundenheit mit einem Verlag und die Wertschätzung sowie das Prestige, die mit der klassischen Buchpublikation einhergehen, auf Seiten der einzelnen Autor_innen, aber auch der Fachcommunity insgesamt.
Innerhalb dieses traditionellen Modells wurden in Kooperation mit einschlägigen Verlagen 40 Titel im Open Access publiziert, um Hürden zu identifizieren, Aufklärung zu betreiben und Transparenz für den Publikationsprozess unter allen Beteiligten in einem übertragbaren Awarenessmodell zu schaffen. Die größten Hürden für OA in diesen Bereichen sind mangelnde Praxiserfahrung in technischer, rechtlicher und finanzieller Hinsicht; allen Beteiligten im Publikationsprozess fehlen Standards und transparentes Vorgehen sowie teilweise auch Akzeptanz und Neuerungswille, um geisteswissenschaftliche Literatur flächendeckend im OA zu veröffentlichen. Sowohl Verlage wie Autor*innen zeigen dabei eine große Bandbreite an Offenheit und Experimentierfreude.
Mit den Projektpartnern auf Verlagsseite, den Verlagen Barbara Budrich, Peter Lang und transcript, konnten erfahrenere Häuser gewonnen werden, die bereits einige Erfahrung und Kontakte zu den beiden großen adressierten Fachcommunities mitbringen und bereits im OA veröffentlichen. Die zahlreichen anderen einschlägigen Verlage sind in technischer und personeller Hinsicht sehr unterschiedlich aufgestellt und publizieren aus verschiedenen Gründen (noch) nicht im Open Access, wie in zahlreichen Gesprächen deutlich wurde, oder haben bereits feste Geschäftsmodelle mit kaum finanzierbaren Book Processing Charges.
Als projektbezogene Ergebnisse sehen wir die zwischen Bibliotheks- und Verlagsvertreter_innen gemeinsam erarbeiteten Materialien und gegenseitig gewonnenen Einblicke und Erkenntnisse in die je eigenen Arbeitsfelder an: Zunächst wurden Kriterien festgelegt, die verlagsgebundene und qualitätsgeprüfte OA-Publikationen erfüllen sollen, etwa die Verzeichnung und der Upload in den institutionellen Repositorien der jeweiligen Autor_innen, in ausgewählten fachlichen Repositorien, über Knowledge Unlatched in weitere Systemen sowie bei OAPEN. Auch die Erhebung von Zugriffsstatistiken sowie die Dissemination der Metadaten in weitere Verzeichnissen wurde vereinbart.
In Bezug auf rechtliche Fragen zeigt sich zwischen den Verlagen eine unterschiedliche Auslegung und Handhabung der an sich üblichen CC-Lizenzen. Verlagsverträge sind unterschiedlich ausgestaltet und weisen einen gewissen Widerspruch auf zwischen der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte und anschließender Vergabe einer CC-Lizenz durch die Urheber_innen. Seitens der Urheber_innen herrschen Unsicherheit und Unkenntnis der eigenen, der übertragenen und der einzuräumenden Rechte – und ohne den konkreten Anlass eines Vertrags für eine eigene Publikation auch nur geringes Interesse, sich mit der Angelegenheit zu befassen.
Die Finanzierung der geförderten Publikationen brachte zunächst Preisunterschiede zwischen den beteiligten Verlagen und Modellen zutage; die OA-Gebühren für die nachträgliche oder die parallele Hybridpublikation eines kostenfreien E-Books betrugen zwischen 350 € und 5.000 € und wurden in allen Fällen zusätzlich zu etwaigen Druckkostenzuschüssen verlangt. Außerdem zeigte sich, dass die Verlagsarbeit häufig intransparent und die verlangten Kosten nicht nachvollziehbar für Autor_innen und Bibliotheken erscheinen.
Mit Hilfe der Anschubfinanzierung wurden einzelne geistes- und sozialwissenschaftliche Monografien und Sammelbände in den Open Access überführt. Mit diesen Projekten konnten konkrete Erfahrungen in der Umsetzung von Büchern als Open-Access-Publikationen an den beteiligten Institutionen der Universitätsallianz Ruhr (Universitäten Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund) gewonnen werden. Diese beziehen sich auf Workflow, Lizenzvergabe und Kommunikation mit Autor_innen und Verlagen. Die Bibliothek als Geldgeberin kann und muss eine neue Rolle im Publikationsprozess einnehmen, da sie zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als im klassischen Verfahren ins Spiel kommt und als Mittlerin und Unterstützerin zwischen Autor_in und Verlag auftreten kann. Die Kommunikation mit allen Beteiligten des Publikationsprozesses dient dazu, die jeweiligen Tätigkeiten transparent(er) zu machen, und so zur Akzeptanz von Open Access in den Buchfächern beizutragen.
Im Rahmen der Projektarbeit entstehen zahlreiche Gelegenheiten für Kommunikation mit potentiellen und erfahrenen Autor_innen: Neben dem Austausch zu geplanten Publikationen werden Materialien und Handreichungen entwickelt und in Veranstaltungen innerhalb der Universitätsallianz Ruhr verbreitet. Diese beziehen sich insbesondere auf den Aspekt der Autor_innenrechte, weitere werden sich aus den Untersuchungen zu Verbreitung und Einsatz von digitalen Texten in Forschung und Lehre sowie zur Nutzung der in den OA überführten Titel ergeben. Die Beratung durch die Bibliothek wird bei eigenen Publikationsvorhaben gerne in Anspruch genommen, besonders wichtig für die Förderung von OA ist aber die finanzielle Unterstützung der bei OA deutlich höheren Kosten als im klassischen Modell.
Im Austausch mit Vertreter_innen aus der Wissenschaft, die in eigener Forschung ebenso wie in ihrer Tätigkeit als Lehrende ein Interesse an OA haben, wird deutlich, dass nicht nur geringe finanzielle Mittel, sondern auch wenig Akzeptanz für die Kosten von verlagsgebundenen OA-Publikationen vorhanden ist. Gleichzeitig herrscht immer noch die deutlich höhere Akzeptanz von verlags- oder in Reihen eingebundenen Publikationen gegenüber der kostenlosen E-Publikation im universitären Repositorium vor, dabei spielt es keine Rolle, ob diese Publikation eine eigene oder eine fremde ist: Wahrgenommen wird ein digitaler Text durchaus, aber akzeptiert wird er nur über die bekannten Verzeichnissysteme, die von Buchhandel und Bibliothekswesen geprägt sind und überwiegend kostenpflichtige Texte verzeichnen sowie einen Verlags- oder Reihentitel enthalten. Dieses Dilemma kann nur innerhalb des fachwissenschaftlichen Diskurses gelöst werden, weshalb die Bibliothek ihre Rolle weiterhin als Aufklärerin über Kosten, Lizenzen und transparente Leistungen und damit im Bereich der Qualität(sicherung) wissenschaftlicher Publikationen sieht. Benötigt wird eine wissenschaftsinterne Diskussion darüber, was eine digitale wissenschaftliche Publikation zu einem zitierfähigen Text macht, sonst bleibt es bei der Verwechslung von Open Access mit „einfach ins Netz gestellt“.